Catharina Poß wurde am 12.09.1862 in Mainz als Tochter der ledigen Maria Anna Poß aus Trechtingshausen geboren und am 18.09.1862 in der Pfarrei St. Emmeran zu Mainz katholisch getauft. Taufpatin war Elise Adlon.
Mutter und Großeltern
Ihre Mutter Maria Anna wurde am 27.07.1839 in Trechtingshausen als Tochter von Martin Poß, Tagelöhner, und Magdalena Thiby, beide wohnhaft in der Obern-Strasse 26 in Trechtingshausen, geboren.
Trechtingshausen gehörte 1822 – 1945 zur preußischen Rheinprovinz und lag dort im Regierungsbezirk Koblenz, der im Süden an der Nahe als Grenzfluß zum Großherzogtum Hessen endete. Das in französisch-napoleonischer Zeit zugeordnete Standesamt blieb in der Nachbargemeinde Niederheimbach.
>>> weiterlesen in der Abschrift der Geburtsurkunde von Maria Anna Poß vom 27.07.1839 aus dem Geburtsregister des Standesamtes Niederheimbach mit Nennung der Zeugen Martin Poß, Andreas Tibi, Anton Junck. Beglaubigt im Amt Bacharach 1939.
Die Taufe von Anna Maria Poß vom 28.07.1839 wurde durch Pfarrer Maas, Kath. Pfarramt St. Clemens zu Trechtingshausen am Rhein 1939 beglaubigt. Dieses Dokument benötigte Johann-Baptist Tabarelli im Rahmen seines Ariernachweises als Reichsbahn-Arbeiter Bahnhof Bingerbrück.
Geburtseintrag Stadtarchiv Mainz
Das Geburtsregister 1862 aus dem Zivilstandsamt der Stadt Mainz vermerkt unter Eintrag 1106 die Geburt von Catharina Poß am 12.09.1862 als Tochter der ledigen Maria Poß, vorgetragen von Doctor Carl Wilhelm Metternich, Direktor der Großherzoglichen Entbindungs-Anstalt. Zeugen Johann Ruff und Wendel Scheppler.
Taufurkunde Catharina Poß
Hochzeit
Am 04.04.1885 heiratete sie standesamtlich im preußischen Niederheimbach und am 14.04.1885 kirchlich im damals großherzoglich-hessischen! Bingen mit 22 Jahren den 45-jährigen Giacomo (Jacob) Tabarelli.
Kinder
Catharina und Giacomo (Jacob) hatten 5 Kinder, von denen 3 früh verstarben:
* 15.03.1885 Jakob Tabarelli
Seine Vita weiterlesen in Jakob Tabarelli – Vita. Er begründet die Jakob-Tabarelli-Linie in Deutschland. Das Taufbuch 1885 der Kath. Pfarrei St.Clemens Tre. vermerkt:
15. Martii natus et 17. ejusdem renatus est Jacobus, filius illegitimus Jacobi Tabarelli et Catharina Poß. Leonbat Jacobus Reuschel. (Legatimatus fier matrimonium subsequent interparentes …. die 14. aprilis 1885) Am 15. März geboren und am 17. getauft ist Jakob, illegitimer Sohn des Jacobus / Giacomo Tabarelli. Erhoben (aus der Taufe gehoben = Taufpate) Jakob Reuschel. Legitimierter Sohn durch die nachträgliche Hochzeit der Eltern am 14.04.1885 in Bingen am Rhein im Großherzogtum Hessen.
* 23.03.1886 weiblich unbenannt
Das 2. Kind starb bei der Geburt und blieb daher unbenannt und ungetauft.
* 05.02.1887 Anna Maria Christina Tabarelli
weiterlesen in ihrer Vita. Hier ihr Geburts- und Taufeintrag im Kirchenbuch St. Clemens Tre.
Sie stirbt mit 19 Jahren +30.04.1906. Details siehe ihre Vita.
* 17.06.1888 Heinrich Tabarelli
Pfarrer Wiest taufte ihn am 19.06.1888, Taufpate war Heinrich Poß II.
Heinrich stirbt schon mit 3 Jahren +02.08.1891
* 11.12.1889 Johann Baptist Tabarelli
weiterlesen in seiner Vita Johann Baptist Tabarelli. Er begründet die Johann-Tabarelli-Linie in Deutschland.
Lebensfragmente
Das harte Leben einer verwitweten Frau im 19. Jahrhundert ohne Bildung, ohne Beruf, ohne festes Einkommen, 45 Jahre alleinstehend in der Sorge für ihre Kinder haben Lebensrunen bei Catharina eingeprägt.
1891 – Das eigene Haus
Über Ihr Leben liegen nur wenige Informationen vor. Der Kauf von Haus91 am Lohkauttor (heute Am Turm 6) in Trechtingshausen am 2. März 1891 und damit der Besitz eines eigenen Heims war für das Ehepaar und damals noch lebende 4 Kinder ein großer Fortschritt in der Entwicklung der Familie.
Kopfseite des von Petra Tabarelli ins Deutsche transkribierten Vertrags:
1891-1897 – Die Ratenzahlungen
Aber durch den Tod des dreijährigen Sohns Heinrich am 2. August 1891 und mehr noch durch den frühen Tod Ihres Mannes am 15. März 1892 erhielt ihr Leben einschneidende Zäsuren.
Nunmehr als Witwe erwirkte sie eine Streckung der jährlichen Ratenzahlungen des Haus91-Kaufpreises von 800 Mark auf sieben Jahre an Stelle der vertraglichen 4 Jahre. Der jährlich fortlaufend um die Quittierungen der Raten ergänzte Kaufvertrag dokumentiert auf Seite 6 als Tagelöhnerin ohne damalige Rente und ohne festes Einkommen bei gleichzeitiger Ernährung ihrer Kinder die erfolgreiche Abbezahlung des 1. Tabarelli-Hauses in Trechtingshausen bis zum 6. Oktober 1897.
Weiterlesen : 6-seitiger Kaufvertrag von Haus91
1893 – Testament Catharina Poß
Die bisherigen Unwägbarkeiten ihres Lebens bewogen sie schon im 31. Lebensjahr am 18. Juli 1893 bei Notar Christian Sturm in Kreuznach vom königlich preußischen Oberlandesgericht Cöln ihr Testament (für ihre weiteren 44 Lebensjahre) zu verfassen.
Als Sütterlin-Urkunde ist ihr Testament erhalten und im Familienarchiv der Johann-Tabarelli-Linie verwahrt.
1900 – Pflegekind Liesel Herrmann
Als Witwe mit drei Kindern hatte Catharina die am 27.06.1896 geborene Liesel Herrmann aus Dellhofen um 1900 als Pflegekind angenommen, um eine kleine Einkunft durch das versprochene Pflegegeld zu erhalten, was aber ausblieb. Erst später stellte sich eine starke körperliche Behinderung von Liesel heraus, die Mutter setzte sich nach Köln ab und ließ nichts mehr von sich hören.
Welch eine zusätzliche Belastung! Liesel Herrmann verblieb nach Catharinas Tod 1937 noch über 36 Jahre im Haus 91 in der Lohkaut, wurde dann von Catharinas Schwiegertochter Elisabeth (Elli) Tabarelli, später von deren Tochter Christine (Dina) Tabarelli betreut. Liesel Herrmann verstarb mit 77 Jahren am 25.01.1974.
1908 – Re-Naturalisierung Catharina Poß
Catharina Poß, 1839 in der preußischen Rheinprovinz des 2. Deutschen Reiches
Exkurs 2. Deutsches Reich: ein Fürstenbund von 28 relativ souveränen deutschen Staaten aus 4 Königreichen Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg und 24 (Groß)herzogtümern, Fürstentümern und freien Städten.
In Mainz geboren und getauft, wurde Catharina durch die Hochzeit mit dem österreichischen Staatsbürger Giacomo Tabarelli 1885 zur Österreicherin! Nach dem Tod ihres Mannes wurde sie nach 23 Jahren durch den formalen Akt der Naturalisierung 1908 wieder Preußin laut nachfolgender Sütterlin-Urkunde.
Schrift-Mixed: In der Sütterlin-Urkunde sind Familien- und Ortsnamen (Tabarelli, Mainz, St. Goar, Trechtingshausen) deutsch geschrieben.
Familie als Lebenswerk
Nach dem frühen Tod Ihres Mannes Giacomo (Jacob) am 15. März 1892 erzog und betreute sie 45 Jahre als alleinstehende Witwe ihre drei noch lebenden Kinder, ab dem 30.04.1906 nach dem frühen Tod ihrer 19-jährigen Tochter Anna Maria Christina Tabarelli die zwei Söhne Jakob Tabarelli und Johann Baptist Tabarelli.
Als Lebenswerk hielt sie in dieser schwierigen Situation ohne Ausbildung, ohne feste Anstellung oder Versorgung in 2. Ehe – damals ein üblicher Lebensweg – als Tagelöhnerin, dabei auch als Reinigungskraft der örtlichen Schule, ihre Familie zusammen.
Vermächtnis: 2 Söhne, 6 Enkel, 1 Enkelin
Catharina hinterlässt am 17.10.1937 mit 75 Jahren als ihre Nachkommen:
Zwei Söhne Jakob (52 Jahre alt) und Johann Baptist Tabarelli (47),
Sechs Enkel Josef (24), Ferdinand (21), Heinrich (18), Nikolaus (Klaus) (17), Friedel (16), Adam Tabarelli (8), und eine Enkelin Christine (Christa, Dina) Tabarelli (14).
1937 Tod einer Kämpferin
No.10 Anno 1937, die septima decima Octobris obiit ob dementiam senilem sancta unctione solum per me mumita Catharina Tabarelli nata Poss vidua Jacobi Tabarelli, annos nata 75 et triduo post sepulta est. Maas, parochus. Im Jahre 1937, am 17. Tag des Oktobers starb wegen Altersdemenz und erhielt von mir die heilige Salbung Catharina Tabarelli geborene Poß, Witwe von Jakob (Giacomo) Tabarelli, 75 Jahre alt und wurde nach 3 Tagen beerdigt. Pfarrer Maas.
Am 17.10.1937 stirbt Catharina mit 75 Jahren. Sie muss einen klugen (Testament), zielstrebig-beharrlichen (Haus Ratenzahlungen) und tatkräftigen Charakter gehabt haben, der sie trotz gravierender Schicksalsschläge immer wieder aufstehen und weiter kämpfen ließ.
Ihr verdanken die Trechtingshausener Jakob-Tabarelli-Linie und Johann-Tabarelli-Linie mit 40 heute lebenden Tabarelli Nachkommen in Deutschland (von Kiel bis Lörrach) alles Weiterführende.